28. Dezember 2072 - Feldweg mit Scheune Nähe Bad Aibling, Bayern
Die Weihnachtstage bei meinen Eltern und Geschwistern waren wie immer schön - wir verstanden uns recht gut, wenn man mal von den kleinen Zankereien zwischen Geschwistern absieht. Das Verhältnis zu meinem Dad hatte sich seit meinem Praktikumsbeginn bei SK Prime noch verbessert und natürlich freute ich mich auch, meine Familie mal wieder real zu sehen.
Trotzdem war ich auch aufgeregt, als ich am 26. Dezember nachmittags wieder heim flog und abends meine Sachen in den KAT packte. Ich hatte beschlossen, heute Nacht schon im KAT zu schlafen, um mich daran zu gewöhnen. Bisher stand er ja fast nur hier in der Werkstatt, daher hatte ich noch gar keine Gelegenheit, mich mit dem neuen Fahrzeug vertraut zu machen. Außerdem wollte ich schon mal in vertrauter Umgebung sehen, wie wohnlich er wirklich ist. Um kurz vor 21:00 Uhr war ich mit dem Einpacken und Verstauen fertig und schloß die Koffertür hinter mir. Ein kurzer Blick auf die Anzeigesysteme zeigte mir, das die Batterien geladen und die Treibstoff- und Frischwassertanks gut gefüllt waren.
In der Werkstatt war es nicht kalt, daher brauchte ich die Heizung beziehungsweise die Klimaanlage eigentlich nicht, ließ sie aber für einen Testlauf anlaufen. Ich wollte wissen, ob sie funktionierte und natürlich auch, wie gut sie tatsächlich heizte. Nach einer Stunde Laufzeit regelte ich die Heizung wieder herunter - das Ergebnis war zufriedenstellend. Dann aß ich noch eine Kleinigkeit und ging dann recht früh ins Bett, denn ich wollte am nächsten Tag zeitig aufbrechen.
Und dann war es endlich soweit. Mein MAN startete zu seiner ersten weiten Reise. Recht früh schon wachte ich auf und frühstückte noch in Ruhe. Der Koffer war wie zu erwarten nicht unbedingt geräumig, aber gemütlich, vor allem nachdem ich morgens noch ein wenig die Heizung laufen lies. Ich probierte meine Sitzgruppe aus, dann verstaute ich alles, um in Richtung Bad Aibling loszufahren.
Eine Stunde später war ich auf der Straße in Richtung Osten unterwegs. Der MAN fuhr sich natürlich ganz anders als Susi - hier waren deutlich mehr PS unter der Haube und natürlich war der MAN auch viel größer als mein VW-Bus. Dementsprechend anders war das Fahrgefühl - ruhiger, gesetzter. Aufgrund der niedrigeren Geschwindigkeit benötigte ich etwas länger, bis ich Bad Aibling erreichte. Ich hatte mich für die Autobahnroute entschieden, dort lief der MAN ruhig und beharrlich. Gegen Mittag erreichte ich die Gegend um Bad Aibling und verließ die Autobahn. In den letzten Tagen hatte es immer wieder geschneit und es war mittlerweile auch deutlich unter 0 ° Celsius, so das mich eine weiße Winterlandschaft erwartete. Die Idee, meinen KAT aktuell in Grautönen zu halten, schien ganz gut gewesen zu sein. Ergänzend hatte ich mir auf Anraten von Maschinengeist, der mir bei der Installation der Funk- und Sensorsysteme half, noch verschiedene Tarnnetze und Planen organisiert, um das Fahrzeug notfalls tarnen zu können.
Die Gegend hier war sehr waldig und vor allem nördlich von Bad Aibling gab es viel Wald und nur wenig Ortschaften. Schon im Sommer war mir aufgefallen, das dies natürlich für die Fuchsjagden optimal war. Als ich dann um kurz nach Mittag die Station erreichte, sah ich auf dem Gelände schon den VW Iltis und Wohnwagen von nmap, den umgebauten Unimog von Lucky und natürlich auch den neuen leicht umgebauten ATF Dingo von Multi. Maschinengeist war anscheinend auch kurz vor mir angekommen und fuhr gerade seinen Antennenmast aus. Ich hielt kurz an, um mich mit Multi über Parkplätze und zu erwartende Fahrzeuge auszutauschen. Der MAN brauchte etwas mehr Platz als meine Susi, das war mal klar. Nach kurzem Austausch stellte ich mich neben den Fuchs, da war ich etwas windgeschützt und außerdem war mir der Nachbar schon gut bekannt. Bisher waren nur Mitglieder des inneren Kreises hier, gegen Abend würden vermutlich auch noch weitere Teilnehmer eintreffen.
Ich hatte meinen Motor gerade abgestellt und war kurz davor auszusteigen, als ich den Van von Echo5 auf das Gelände fahren sah. Nadine war Studentin wie ich und schon im Sommer mit ihrem Van hier gewesen, in dem sie hinten eine alte Matratze und ein wenig Campingequipment hatte. Ob ihr das jetzt im Winter reichen würde? Es war schon ziemlich kalt hier, mein Thermometer zeigte aktuell -7° Celsius an in der Mittagssonne. Ich winkte ihr zu und sie fuhr neben mich auf die andere Seite vom MAN. "Hey Sputnik, schön dich zu sehen" rief sie mir zu, als sie anhielt. Ich hatte mir gerade meine dicke Winterjacke geschnappt und ging ihr entgegen, um sie zu begrüßen. "Hallo Echo, schön, dich zu sehen!" erwiderte ich und begrüßte sie mit einer Umarmung, nachdem sie ausgestiegen war. Wir gingen zusammen hinüber zu den anderen und sie erzählte mir dabei ein wenig von ihrer Fahrt. Auch über unser Studium plauderten wir ein wenig, bis wir dann zu der Runde am Grill stießen, die uns freudig begrüßte. Umarmungen und freudige Begrüßungen wechselten einander. Kurze Zeit später stießen auch noch RL5 mit ihrem Wohnmobil-Pickup und Siemens mit seinem großem Wohnmobil zu uns. Von Tux erfahren wir, das er leider nicht kommen kann - sein Arbeitgeber hat ihn nach Russland geschickt für ein paar Tage, was ihm gar nicht gelegen kam. In dem Fall sind wir (leider) vollständig und beginnen mit dem "Inner Circle Barbeque"
Bei heißem Glühwein, Met und leckeren Sachen vom Grill ist es wärmer als gedacht, zusätzliche Heizstrahler sorgen außerdem für Wärme, so das es trotz "Open Air"-Grillen bei -7° Celsius nicht kalt wird. Wir sind hinter einem der Gebäude, so das man unsere Gruppe und auch die meisten der bisherigen Fahrzeuge nicht sehen kann. Hier steht der große Pavillion, unter dem wir zusammensitzen und Neuigkeiten austauschen. Multi berichtet von seinem neuen Dingo und natürlich muss auch ich einige Fragen zu meinem MAN beantworten. Gerade RL5 und Siemens hören interessiert zu, da sie auch Pläne für ein neues Fahrzeug haben und sich somit Anregungen und Tipps abholen. Bei einem Seitenblick auf Echo sehe ich, das sie bei den ganzen Erzählungen etwas unglücklich wirkt - sie ist aktuell die einzige, die sich mit einem normalen Fahrzeug, das noch nicht mal über eine rudimentäre Campingausstattung verfügt, behelfen muss. Als Studentin lebt sie nicht gerade auf großem Fuß und hatte mir im Sommer, als wir zusammen mit Susi auf Peilfahrt waren, ein paar Geschichten von vergangenen Fuchsjagden und Treffen erzählt, die mit den damit verbundenen Widrigkeiten zu tun hatten. Ich konnte ihre Stimmung nachempfinden. Im Sommer lies sich das für die paar Tage aushalten, jetzt im Winter war es weniger angenehm.
Das Barbecue zog sich vom Nachmittag in den Abend und als die ersten weiteren Teilnehmer, die nicht zum inneren Kreis gehörten, ankamen, hatte der Glühwein schon ganz gut angeschlagen. Natürlich gab es im inneren Kreis schon die ersten Wetten, wer wie bei den kommenden Fuchsjagden abschneiden würde. Georg und Marianne Bergtal (Black & White) waren die ersten, die zu unserer Runde dazustießen und wurden fröhlich empfangen. Die beiden hatten ein großes Wohnmobil und nahmen an den Fuchsjagden mit ihren Motorrädern als Team teil. Sie hatten keinen Zugang zur Resonanz, waren aber schon seit Jahrzehnten als Funker und Peiler unterwegs. Im zivilen Leben arbeitete Georg als Vermessungsingenieur, während Marianne Gymnasiallehrerin für Mathematik und Physik war. Beide waren schon älter und hatten oft eine Menge zu erzählen, denn nachdem ihre Kinder mittlerweile außer Haus waren, verbrachten sie viel Zeit auf Reisen.
Später am Abend kamen weitere Mitglieder dazu, so das wir schlußendlich mit etwas über 30 Mann ums Feuer saßen. An den morgigen Fahrten würden sicherlich zwischen 16 und 20 Fahrzeuge teilnehmen.
In der Runde waren alle gut gelaunt, die Heizpilze, der Grill und nicht zuletzt auch der Glühwein, der heiße Met und die anderen heißen Getränke sorgten für gute Stimmung, so das wir trotz der zunehmenden Kühle noch bis weit nach Mitternacht zusammensaßen, redeten und feierten. Erst gegen 03:00 Uhr begann die Runde so langsam, sich aufzulösen. Wir räumten den Pavillion noch auf - und da merkten wir erst, wie kalt es wirklich schon war. Das Thermometer zeigte mittlerweile knapp -15° Celsius an - Zeit, die Heizung im MAN anzuwerfen. Ohne die Wärme der Heizstrahler dauerte es nicht lang, bis die Kälte spürbar unangenehm wurde. Schnell verstauen wir die übriggebliebenen Getränke und Lebensmittel, kümmern uns noch um den Grill und die Heizstrahler, damit diese morgen auch ihren Dienst verrichten. Nach knapp 30 Minuten ist alles aufgeräumt und ich spüre die Kälte mittlerweile recht deutlich. Morgen werde ich die dickere Jacke, die ich vorsichtshalber eingepackt habe, bereitlegen. Nachdem ich Multi, Lucky und Maschinengeist eine gute Nacht gewünscht habe, verkrümmele ich mich als einer der letzten, die noch wach sind, in den MAN. Wohlweislich habe ich vorne bei der Tür eine Vorhangschiene eingelassen, so das ich gerade für solche Temperaturbedingungen mithilfe eines dicken Vorhanges einen kleinen Vorraum vor der Tür schaffen kann. Dieser fängt einen Teil der Kälte ab und bietet als weiteren Vorteil auch eine Lichtsperre, die ich extra für Nachtfuchsjagden und nächtliche andere Ausflüge etc. eingebaut habe. Im Sommer oder bei normalen Reisen kann man den Vorhang auch ganz normal abnehmen und hat damit innen etwas mehr Platz vor der Tür, den man z. B. für die klappbare (Küchen-)Arbeitsfläche nutzen kann. Ich schließe die Tür hinter mir zu und stelle fest, das die Heizung im Koffer gut funktioniert - die halbe Stunde Vorlaufzeit hat gereicht, das Innere auf eine angenehme Temperatur zu bringen. Im Koffer verteilt sind drei Heizkörper, dazu eine Fußboden- und eine Matratzenheizung. Ergänzend läßt sich natürlich auch die Fahrerkabine heizen. Die Klimaanlage sorgte für ein gutes Raumklima, würde aber erst im Sommer ihren vollen Nutzen entfalten. Ich zog den Vorhang so vor die Tür, das er eine zusätzliche Isolierung bildete, ansonsten aber der Raum vor der Tür frei wurde und machte mich dann daran, mich bettfertig zu machen. Recht müde kroch ich dann ins Bett und war kurz danach trotz der eisigen Temperaturen draußen eingeschlafen.
Am nächsten Morgen regte sich erst spät Leben im "Camp", da es gestern doch recht spät wurde. Einzig Echo und ein paar wenige andere saßen im Pavillion bei den Heizstrahlern, um sich nach der Nacht aufzuwärmen. Ich gesellte mich zu ihnen, nachdem ich mir einen Tee gemacht hatte. Normalerweise aßen wir hier alle zusammen und auch jetzt schon standen einige Frühstücksutensilien auf den Tischen verteilt. Echo hatte für ihre Verhältnisse recht gut geschlafen, allerdings war es doch gerade morgens kalt und klamm gewesen in ihrem Van. Es gab schon heißen Kaffee, aber sie war ebenso wie ich Teetrinker, hatte allerdings ihren Tee vergessen. Ich bot ihr von meinem Tee an und sie nahm dankend an. Weitere Gäste trudelten im Laufe des Vormittags noch ein und wurden fröhlich begrüßt.
Im Laufe der nächsten Stunde wurden die anderen auch langsam wach und schließlich war die ganze Truppe so gegen 11:00 Uhr zum späten Frühstück versammelt. Unser Programm sah vor, das es heute Nachmittag ab 14:00 Uhr mit der ersten Fuchsjagd losging. Hierfür wurden die Teams ausgelost und ich freute mich darauf, meine erste Runde mit nmap zu fahren. Die Teams waren nicht fest und im Laufe der nächsten Tage würde es die unterschiedlichsten Konstellationen geben, aber mit nmap konnte man sich sehr gut unterhalten und wir waren seit einigen Monaten quasi auch Kollegen. Ich freute mich auf die Tour. Multi als örtlicher "Hausmeister" der Station hatte die Ehre des ersten Signalgebers und fuhr gemeinsam mit Lucky los. Wie immer wurde vorher allgemein die Kanalbelegung sowohl für die Gäste als auch für umliegende Funker bekanntgegeben: Kanal 20 war wie immer der "Orgakanal", auf dem Ansagen der Orga etc. durchgegeben wurden. Kanal 21 war der Notfallkanal - wenn irgendetwas unverhofftes passierte, jemand einen Unfall hatte oder ähnliches, dann wurde dieser Kanal dafür zur Kommunikation genutzt und von allen Beteiligten ansonsten freigehalten. Signalkanal war der Kanal 23, auf dem das Peilsignal gesendet wurde. Die meisten hatten die Möglichkeit, mehr als einen Kanal zu empfangen.
Pünktlich um 14:00 Uhr starteten Multi und Lucky mit seinem Dingo, um sich im verschneiten Umland um Bad Aibling eine möglichst gute Position zu suchen. Dafür hatten sie eine halbe Stunde Zeit, dann begann die Jagd nach dem Fuchs. Pünktlich um 14:30 Uhr ertönte das Peilsignal - in Multis Form war dies meist das Requiem von Verdi, das er zu diesem Zweck abspielte. Das schöne am Fuchsjagd Funkclub war die freundliche und faire Atmosphäre - und auch jetzt wünschten wir uns gegenseitig viel Erfolg und gute Jagd, bevor wir dann aufbrachen.
Maschinengeist, Echo, nmap und ich witzelten noch ein wenig herum, bis wir dann jeweils in unsere Fahrzeuge stiegen und mit der Suche begannen. Während Maschinengeist wie immer mit seinem Fuchs fuhr, wählten nmap und ich seinen Iltis als Peilwagen. Dann ging es los und bei der Peilung des Signals merkte ich, wie viel ich in den letzten Monaten überhaupt dazugelernt hatte. Wir hatten das Signal recht schnell aufgenommen und als wir nach einer knappen halben Stunde wußten, in welche Richtung wir fahren mußten, merkten wir auch, das der Iltis die richtige Wahl war, als wir auf dem Weg zum Ziel Maschinengeist mit seinem Fuchs überholten, der natürlich ebenfalls schon das Signal gepeilt, mit seinem schwereren Fahrzeug aber einen Geschwindigkeitsnachteil hatte. So kamen wir dank der Fahrkünste von nmap ganz knapp vor dem Fuchs beim Dingo an, der nur wenig weiter entfernt von der Straße, auf der wir Maschinengeist überholten, am Ende eines Feldweges stand.
Schnell fuhren wir unsere Fahrzeuge etwas in Deckung, so das man sie nicht gleich sah. Die winterliche Umgebung machte die Tarnung nicht einfacher - die Bäume und das Unterholz boten deutlich weniger Sichtschutz als im Sommer. Diese Runde war aber auch eher als Aufwärmrunde gedacht, denn der eigentlich interessante Teil waren gerade im Winter die Nachtfahrten, die aufgrund der deutlich früheren Dämmerung häufiger möglich waren als im Sommer.
Der Dingo von Multi war noch neu - er hatte ihn im Herbst erstanden und ausgebaut. Der hintere Aufbau war zwar kleiner als meiner, aber sehr gut genutzt. Wir fanden tatsächlich zu sechst darin Platz, da Multi die Fahrerkabine so integriert hatte, das er die vorderen Sitze nach hinten drehen konnte. Ab dem nächsten eintreffenden Fahrzeug würde es hier drin aber eng werden - das war natürlich bei den sommerlichen Fuchsjagden einfacher, da konnte man sich einfach draußen zusammen hinsetzen. Aber das Problem würde sich sicher lösen lassen - jetzt warteten wir erstmal, wer denn als nächstes überhaupt kommen würde.